Asexuell im Alter

Laut der “bpb” liegt es daran, dass ältere Menschen im Zusammenhang mit Sexualität so selten gezeigt werden, da unsere Gesellschaft den Fokus auf das Jungsein beziehungsweise die “ewige Jugend” legt. Wer jung ist, ist sexy, sexuell potent und schön. Das Alter hingegen werde meist mit medizinischen, psychologischen und sozial-ökonomischen Themen in Verbindung gebracht – nur nicht mit Beziehung und Sex. Meist geht es um Altersarmut oder -einsamkeit.

Dabei sind Sex und Beziehungen sehr wichtig, um auch im Alter glücklich zu sein. Es ist ja nicht so, als würde die Sexualität einfach erlöschen. Laut “bpb” liege das vor allem daran, dass wir in unserer Vorstellung im Alter abbauen: Körperliche und geistige Funktionen verschlechtern sich mit der Zeit – auch die sexuellen. Wer alt ist, hat also auch keinen Sex. Es geht einfach nicht mehr. Schon gar nicht ohne Hilfsmittel.

Hinzu komme, dass sich viele ältere Menschen als asexuell beschreiben. Der Grund dafür ist laut “bpb”, dass die gesellschaftlichen Erwartungen an die sexuelle Leistung zu hoch sind: Attraktivität und Leistungsfähigkeit treffen auf Erkrankungen und Beschwerden. Frauen seien davon besonders betroffen – sie gelten schnell als “unattraktiv, alt und asexuell”.

Beispiele lassen sich dazu in den Medien finden: Wenn eine Mariah Carey (52) in einem vermeintlich zu kurzen, zu engen und zu freizügigen Kleid auf die Bühne geht, ist der Shitstorm gleich vorprogrammiert. Hat eine Jennifer Lopez (52) einen vermeintlich zu jungen Freund, wird das gleich auf allen Promiportalen zum Thema. Bei Männern sieht das ähnlich aus: Ein Leonardo DiCaprio (47), der ständig wechselnde Freundinnen hat, wird zwar als “erfolgreich”, “gutaussehend”, “Hottie” und “Frauenschwarm” bezeichnet. Aber selbst in einem Bericht über seine Beziehungen steht vor allem sein Alter im Vordergrund.

Es wirkt fast so, als würde “älteren” Mensch gleich die Sexualität aberkannt. Als wäre sie nicht mehr da. Puff, einfach weg. Sobald man die magische Grenze von – sagen wir einfach mal – 40 überschritten hat, ist man sexuell nicht mehr existent und damit asexuell.

Nun gerät das Thema allerdings immer mehr in den Fokus – Streaming-Zeitalter sei Dank. In der Serie “Grace and Frankie” zum Beispiel spielen Lily Tomlin (82) und Jane Fonda (84) zwei Seniorinnen, die von ihren Männern verlassen werden und von nun an zusammen leben. Sie gehen wieder auf Dates, entdecken ihre Sexualität noch einmal und bringen sogar ein Sextoy für Seniorinnen auf den Markt.

Genauso in dem Reboot von “Sex and the City”, das “And just like that” heißt. Carrie, Miranda und Charlotte sind nun über 50 Jahre alt, müssen sich mit neuen Begriffen, Pronomen und Facetten ihrer Sexualität auseinandersetzen. Eine der Rollen wird sogar queer und bandelt mit einer nicht-binären Person an. Als die Serie veröffentlicht wurde, wurden allerdings zuerst die Looks der drei Frauen kritisiert: Kristin Davis (56) sei zu gemacht, Sarah Jessica Parker (56) und Cynthia Nixon (55) sähen zu alt aus.

Egal also, was Menschen ab 40 tun – sie können es der breiten Masse nicht recht machen. Durch die oben genannten Serien werden erste Schritte unternommen, um das zu ändern. Dabei wird oft vergessen, dass Sex mehr als die reine Penetration durch oder von Geschlechtsteilen oder Körperöffnungen ist. Kuscheln, streicheln, küssen, Massagen oder andere Formen der Berührung können ebenfalls erregend und erotisch sein – auch wenn der Körper nicht mehr so funktioniert, wie man es gerne hätte. Das ist absolut okay.

Der Comiczeichner Ralf König (61) hat über das Thema Sexualität im Alter ein ganzes Buch gemacht: “Herbst in der Hose”. Im EIS.de-Interview sagte er: “Ich bin immer noch versaut und geil drauf…” – und damit spricht er für ganze Generationen, denen immer wieder die Sexualität abgesprochen wird.