Stealthing – Was steckt hinter dem heimlichen Kondom-Abziehen?
Mal eben das Kondom beim Geschlechtsverkehr abstreifen, ohne dass es das Gegenüber merkt – wird schon nicht so schlimm sein, oder? Von wegen! Hierbei handelt es sich um das sogenannte Stealthing. Und das ist sogar eine Straftat! Wir verraten Dir, was Du als Betroffene tun kannst und geben Dir Einblicke in die Rechtsprechung zum Thema Stealthing.
Stealthing: Bedeutung erklärt
Das Wort „Stealthing“ leitet sich von dem englischen Wort „stealth“ ab und bedeutet so viel wie List oder Heimlichkeit.
Doch wie genau passt das in einem sexuellen Kontext und was ist Stealthing genau?
Stealthing bezeichnet eine sexuelle Handlung, bei der sich ein:e Partner:in darüber hinwegsetzt, dass nur einvernehmlich geschützter Sex – also Sex mit Kondom – vereinbart wurde. Zieht eine Person beim Sex heimlich das Kondom ab oder täuscht von Anfang an nur vor, ein Kondom überzuziehen, ist das ein klarer Fall von Stealthing.
# Gut zu wissen
Wenn das Kondom beim Sex aus Versehen abrutscht, ist das kein Stealthing. Natürlich ist es super ärgerlich, wenn das Kondom stecken bleibt. Aber nur wenn eine Person das Kondom absichtlich abzieht, ist die Rede von Stealthing.
Warum ziehen Menschen heimlich das Kondom ab?
Für manche ist Stealthing ein „Kick“. Der Reiz des Verbotenen, gepaart mit dem Gefühl von Sex ohne Kondom, verlockt immer wieder Menschen dazu, heimlich das Kondom abzustreifen. Sogar in Online-Foren tauschen sich immer mehr User über diese sexuelle Fantasie aus und geben einander Tipps, wie sich der „Kink“ am besten ausleben lässt.
Einige genießen vor allem das Machtgefühl, das mit dem Stealthing einhergeht. An dieser Stelle wollen wir aber ganz deutlich betonen: Abgesprochene Machtverhältnisse im BDSM Kontext können definit hot sein – während unabgesprochener Machtmissbrauch bei Sex absolut gar nicht geht.
Stealthing ist also nicht „nur eine Fantasie“, sondern vielmehr ein Eingriff in das sexuelle Selbstbestimmungsrecht und ist somit ein schwerwiegender Übergriff.
Stealthing: Folgen können gravierend sein
Stealthing kann gravierende Folgen haben. Stealthing kann gravierende Folgen haben. Gesundheitlich, psychisch und partnerschaftlich zieht das heimliche Kondom Abstreifen ernsthafte Konsequenzen nach sich.
Allen voran steht hier der Vertrauensbruch. Eine Absprache, die ihr getroffen habt, wird gebrochen.
Das kann ein massives Gefühl von Verrat und Enttäuschung nach sich ziehen. Viele Betroffene berichten, dass sie sich benutzt und hintergangen fühlen.
Gefühle, die bei aufrichtigem Sex nicht zu suchen haben!
Dazu kommen gesundheitliche Sorgen. Ein Kondom stellt eine Barriere zwischen Euren Schleimhäuten dar und schützt Euch somit nicht nur vor ungewollten Schwangerschaften, sondern auch vor Geschlechtskrankheiten.
Wer heimlich das Kondom abzieht, gefährdet damit die Gesundheit des:der Sexpartner:in.
Kein Wunder, dass sich Stealthing auch dauerhaft auf die Psyche auswirken kann.
Einige Betroffene sind von dem Übergriff sogar so traumatisiert, dass sie im Anschluss gar keine körperliche Nähe mehr zulassen können – aus Angst, dass ihre Grenzen erneut überschritten werden.
Es geht hier als nicht nur um einen „kleinen Vertrauensbruch“, sondern einen massiven Einschnitt in das psychische Wohlbefinden. Das kann sogar so weit gehen, dass Stealthing Betroffene im Anschluss unter Angst- und Panikattacken leiden.
Ist Stealthing strafbar?
Um es kurz zu machen: Ja, Stealthing ist strafbar und kann mit bis zu 5 Jahren Haft bestraft werden!
Unterschiedliches Gericht in Deutschland sind sich ganz klar einig.
Selbst der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Stealthing strafbar ist. Wer zu Sex mit Kondom ja sagt, gibt nur für genau diese Handlung Konsens. Für heimlichen Sex ohne Kondom gibt es kein Einverständnis – deshalb ist das Ganze strafbar.
Die Strafbarkeit von Stealthing ist unter dem § 177 Abs. 1 StGB geregelt.
Wer das Kondom ohne Einverständnis abstreift, kann mit einer Freiheitsstrafe von Sex Monaten bis zu fünf Jahre bestand werden.
Du siehst: Stealthing kein „kleiner Regelbruch“, sondern ein ernsthafter sexueller Übergriff – da ist sich auch die Rechtsprechung einig.
# Wichtig
Der Bundesgerichtshof betont: Sex ohne Kondom gegen den erklärten Willen der anderen Person verletzt das sexuelle Selbstbestimmungsrecht und ist somit strafbar.
Stealthing Strafen: Darum sind sie so streng
Einvernehmlicher Sex basiert nicht nur auf gegenseitiger Leidenschaft und Konsens, sondern auch auf Vertrauen und klaren Absprachen.
Wenn Du und Deine Partnerperson die Vereinbarung treffen, dass ihr Sex nur mit Kondom haben wollt, dann gilt dies – ohne Wenn und Aber.
Wenn jemand das Kondom heimlich abzieht, ist das nicht nur ein massiver Vertrauensbrauch, sondern eine Täuschung und Grenzverletzung.
Denn in diesem Fall missachtet die Person den Wunsch nach Safer Sex ganz gezielt.
Übrigens: Es macht keinen Unterschied, ob man das Kondom gar nicht erst aufzieht oder es während des Sex entfernt. Beides wird rechtlich gleich streng bewertet.
Wir halten fest: Stealthing ist ein sexueller Übergriff, der zurecht harte Strafen nach sich zieht.
Das Wichtigste zum Stealthing auf einem Blick
Was kannst Du als Opfer von Stealthing tun?
Dir ist es auch schonmal passiert, dass jemand beim Sex heimlich das Kondom abgezogen hat?
Dann fühlst Du Dich eventuell hintergangen, benutzt und enttäuscht.
Vielleicht bist Du sogar schockiert, weil Du noch gar nicht wusstest, dass das Ganze als Straftat zählt.
All diese Gefühle sind valide – und Du musst sich nicht alleine aushalten.
Wenn Du Vertrauenspersonen in Deinem Umfeld hast, kannst Du ihnen davon erzählen, was passiert ist. Manchmal hilft es schon, sich einer befreundeten Person anzuvertrauen und mit ihr über Deine Sorgen und Gefühle zu sprechen.
Falls Du mehr Unterstützung benötigst, gibt es zahlreiche Beratungsstellen und Hotlines, die auf sexuelle Übergriffe spezialisiert sind. Die Mitarbeiter:innen dort hören Dir empathisch zu und lassen Dich selbst entscheiden, was Du brauchst. Unterstützung bekommst Du beispielsweise unter folgenden Nummern:
Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 0800 116 016
Hilfetelefon „Gewalt an Männern“: 0800 123 9900
Wenn Du magst, kannst Du Stealthing anzeigen. Dazu ist es gut, dass Du nach dem unkonsensuellen Sex ohne Kondom einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchst. Sie dokumentieren Beweise und Spuren – eine wichtige Grundlage für eine später Anzeige.
Außerdem können Dir Ärzt:innen auch alle Fragen rund um Geschlechtskrankheiten und eine mögliche Schwangerschaft beantworten. Sie bieten Dir einen Test auf Geschlechtskrankheiten an und können Dich – falls nötig – zur Pille danach beraten.
Mit den ärztlichen Beweismitteln kannst Du dann zur Polizei gehen und eine Anzeige erstatten, sobald Du dafür bereit bist. Lasse Dich am besten von einer Freund:in begleiten, um Dich weniger alleine zu fühlen.
Fazit: Stealthing ist ein sexueller Übergriff
Wenn jemand heimlich das Kondom abstreift, nennt man das Stealthing. Das ist nicht nur egoistisch, sondern kann für die betroffene Personen ernsthafte gesundheitliche und psychische Folgen nach sich ziehen. Zu Recht ist Stealthing daher strafbar und kann mit bis zu 5 Jahren Haft bestraft werden!